Sehr geehrter Herr Ratzinger,
Sie haben sich an mich als Bundesumweltminister gewandt, um auf die Probleme der Kohlekraftwerke hinzuweisen. Daher möchte ich Ihnen auch direkt antworten und meine klima- und energiepolitische Position kurz darlegen. Das kann auf diesem Wege natürlich nur in Umrissen geschehen. Wenn Sie sich intensiver mit diesem Thema auseinandersetzen wollen, nutzen Sie doch bitte auch unser umfangreiches Angebot auf der Internetseite des Bundesumweltministeriums (BMU) unter www.bmu.de. […]
Sie sprechen sich gegen den Bau von Kohlekraftwerken aus, weil Sie befürchten, dass wir dadurch unsere Klimaziele verfehlen. Als Alternativen fordern Sie Energieeinsparungen, moderne Gaskraftwerke und den stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien. Das sind für Sie die entscheidenden Stellschrauben für eine konsequente Energiewende.
Damit liegen wir gar nicht so sehr weit auseinander. Auch wenn wir unterschiedliche Einschätzungen zu einzelnen energiepolitischen Punkten haben, so sind wir uns doch einig, dass ein konsequenter Klimaschutz eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit ist.
Konkret bedeutet das, dass die Treibhausgas-Emissionen drastisch sinken müssen, um zumindest eine Erwärmung der Erde um mehr als 2°C zu verhindern. Denn gänzlich verhindern können wir den Klimawandel nicht mehr; aber wir können ihn zumindest begrenzen. Dafür arbeiten wir mit ganzer Kraft. In Deutschland werden wir schon bis 2020 eine CO2-Minderung um 40% gegenüber 1990 erreichen. Und danach muss es direkt und mit gleicher Intensität weiter gehen: Schließlich müssen wir bis 2050 die Treibhausgas-Emissionen um 80-95% senken. Eine gewaltige Herausforderung!
Sie sehen bei diesen Zielen keinen Platz für neue Kohlekraftwerke, sondern fordern stattdessen, dass neben den erneuerbaren Energien nur noch Gaskraftwerke mit Kraft-Wärme-Koppelung erlaubt sein sollen. Diese Einschätzung teile ich so nicht. Denn nach meiner festen Überzeugung werden wir für eine Übergangsphase noch einige neue Kohlekraftwerke brauchen, und zwar aus zwei Gründen:
Zum einen ist die Erzeugung von Strom in Gaskraftwerken deutlich teurer als in Kohlekraftwerken. Deshalb können Gaskraftwerke im Markt die alten, ineffizienten Kohlekraftwerke nicht verdrängen. Für den schrittweisen Übergang zu einer höheren Energieeffizienz und einem höheren Anteil erneuerbarer Energien sind daher hoch effiziente und regelbare Kohlekraftwerke eine wichtige Brückentechnologie. Wichtig ist dabei, dass hoch effiziente neue Kraftwerke (möglichst mit Kraft-Wärme-Kopplung) ineffiziente alte Kraftwerke ersetzen. So stellen wir sicher, dass unsere ambitionierten Klimaziele nicht gefährdet sind.
Zum anderen gibt der Emissionshandel einen strengen Rahmen vor: Die CO2-Obergrenze für alle Kraftwerke und Industrieanlagen in Europa wird ab 2013 jährlich um mindestens 1,74% gesenkt, auch über 2020 hinaus das ist geltendes Recht. Dies wird zu steigenden CO2-Preisen führen. Bei einem wachsenden Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien übernehmen diese neuen Kohlekraftwerke deshalb zunehmend die Funktion von Ergänzungs-Kraftwerken, d.h. sie stellen ihren Strom ergänzend zu den erneuerbaren Energien zur Verfügung und werden nur noch in Teillast gefahren.
Die Energieversorgungsunternehmen kennen diese Rahmenbedingungen, auf die sie sich einstellen müssen, wenn sie heute Kraftwerke bauen. Daher wird auch nur ein Teil der geplanten Kohlekraftwerke realisiert.
Für eine moderne und nachhaltige Energiepolitik der Zukunft ist deshalb auch gar nicht die entscheidende Frage, wie viele Gas- oder Kohlekraftwerke in den nächsten Jahren noch gebaut werden. Die wichtigsten Weichenstellungen sind vielmehr:
– das Festhalten am Atomausstieg und an dem ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien;
– mehr Energieeffizienz, denn je weniger Strom verbraucht wird, desto weniger Kraftwerke werden benötigt.
In diesen beiden Punkten sind wir uns ja auch völlig einig. Lassen Sie uns also gemeinsam an der Umsetzung dieser Kernpunkte einer modernen Energiepolitik arbeiten und uns dafür engagieren. Ich jedenfalls werde meinen Beitrag dazu leisten.
Bleiben auch Sie bei Ihrem Engagement für den Klimaschutz und mischen Sie sich weiterhin ein. Das ist gut für das Klima und gut für unsere Demokratie!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Sigmar Gabriel
Du hast doch nicht etwa den Sigmar echt angeschrieben?!
Du hast doch nicht etwa den Sigmar echt angeschrieben?!
Doch, klar.
Wieso nicht :).!?