Dominik T. Ratzinger
Villingen-Schwenningen

BESCHWERDE
AN DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHE UNION
WEGEN NICHTBEACHTUNG DES UNIONSRECHTS

Zusammenfassung

1. Der Beschwerdeführer, Dominik Ratzinger, wendet sich gegen seine kraft Gesetzes bestehende Pflichtmitgliedschaft nach zwei Jahren der Geschäftstätigkeit.

2. Der Beschwerdeführer rügt Verstöße gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 Abs I AEU), gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56, 57 AEU), gegen die Dienstleistungsrichtlinie (Art. 14 Ziff. 2 der Richtlinie 2006/123/EG) sowie gegen das Demokratieprinzip (Art. 2 Satz 1, Art. 10 EU sowie Art. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2, Art. 12, Art. 49 Abs. 1 EU).

3. Die Niederlassungsfreiheit wird durch die Pflichtmitgliedschaft massiv beschränkt, ohne dass es dafür eine Rechtfertigung gibt, wie sie der Europäische Gerichtshof, der speziell zu den deutschen Industrie- und Handelskammern noch nicht entschieden hat, für vergleichbare Beschränkungen fordert. Dasselbe gilt für die Dienstleistungsfreiheit. Die Aufgaben, die den Industrie und Handelskammern zugewiesen sind, rechtfertigen die Pflichtmitgliedschaft nicht, weil sie einerseits zu
unspezifisch sind und weil sie andererseits wegen ihres technisch-organisatorischen Charakters ohne weiteres von Privaten übernommen werden können. Zu unspezifisch und zugleich unter den Bedingungen einer demokratischen Ordnung völlig unzeitgemäß ist die Hauptaufgabe der Industrieund Handelskammern, das Gesamtinteresse ihrer Kammerzugehörigen zu vertreten. Die gutachterlichen Stellungnahmen der Industrie- und Handelskammern sowie deren nachgeordnete Mitwirkung in der staatlich getragenen Ausbildung rechtfertigen keine Pflichtmitgliedschaft.

4. Die Dienstleistungsrichtlinie ist insoweit verletzt, als Deutschland die Pflichtmitgliedschaft auch von solchen Dienstleistungserbringern vorsieht, die schon in einem anderen Mitgliedstaat, beispielsweise in Österreich, in einer vergleichbaren Kammer registriert sind. Die Dienstleistungsrichtlinie verbietet Doppelregistrierungen ausnahmslos (Art. 14 Ziff. 2 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie)).

5. Das Demokratieprinzip der Europäischen Union ist verletzt, weil Deutschland mit den Industrie- und Handelskammern öffentliche Einrichtungen unterhält, die einer demokratisch legitimierten staatlichen Kontrolle weitgehend entzogen sind. Besonders hier hat der Beschwereführer in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht. Hinzu kommt, dass die Binnenstruktur der Industrie- und Handelskammern den demokratischen Minimalanforderungen nicht genügt. Das Gruppenwahlrecht bei den Wahlen zur Vollversammlung der Industrie- und Handelskammern widerspricht dem elementaren Grundsatz der gleichen Wahl.